Kürzungsgründe von Kfz-Versicherungen

In diesem Beitrag erklären wir Dir die einzelnen Kürzungsgründe der Versicherungsunternehmen, mit denen wir uns bei RightNow befassen. Folgende Kürzungsgründe sind dabei besonders beliebt (aber trotzdem nicht rechtmäßig).

Markengebundene Werkstatt

Statt die Kosten der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt (also z.B. Deiner Audi-Werkstatt) zu ersetzen, verweisen Versicherungen oft darauf, dass die Reparatur in einer nicht-markengebundenen Werkstatt deutlich günstiger wäre. Damit haben sie vielleicht sogar recht, aber: Die alternative Reparaturmöglichkeit muss nicht nur günstiger, sondern vor allem gleichwertig sein wie die im Gutachten veranschlagte Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt.

Deshalb hat die Rechtsprechung folgenden Grundsatz entwickelt: Ist das Auto zum Unfallzeitpunkt nicht älter als drei Jahre, ist die Verweisung unzulässig. Denn bei neuen bzw. neuwertigen Fahrzeugen muss sich der Geschädigte nicht auf eine Reparatur verweisen lassen, die ihm bei einer späteren Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten, einer Herstellergarantie oder Kulanzleistungen Schwierigkeiten bereiten würde. Das gilt auch für „scheckheftgepflegte“ (also durchgängig in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartete und reparierte) Fahrzeuge.

Es besteht – wie entsprechende Hinweise in Verkaufsanzeigen belegen – bei einem großen Teil des Publikums insbesondere wegen fehlender Überprüfungsmöglichkeiten die Einschätzung, dass bei einer (regelmäßigen) Wartung und Reparatur eines Kraftfahrzeugs in einer markengebundenen Fachwerkstatt eine höhere Wahrscheinlichkeit besteht, dass diese ordnungsgemäß und fachgerecht erfolgt ist. Deshalb kann nach dem BGH auch dieser Umstand es rechtfertigen, der Schadensabrechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde zu legen, obwohl der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer eine ohne Weiteres zugängliche, gleichwertige und günstigere Reparaturmöglichkeit aufzeigt (BGH, Urteil v. 20.10.2009 – VI ZR 53/09).

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Alternative Werkstatt

Wie bereits dargelegt, ist der Verweis auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit nicht grundsätzlich unzulässig. Als weiteres Kriterium muss allerdings herangezogen werden, dass die alternative Fachwerkstatt für den Geschädigten ohne weiteres zugänglich ist. Ein wichtiger Anhaltspunkt dafür ist die Entfernung der angebotenen Fachwerkstatt zum Wohnsitz des Geschädigten. So werden in der Stadt in der Regel bis zu 15 km (BGH, Urteil v. 20.10.2009 – ZR 53/09) und in der ländlichen Region grundsätzlich bis zu 20 km akzeptiert. Bietet die Reparaturwerkstatt einen kostenlosen Hol- und Bringservice, so ist die Entfernung grundsätzlich zumutbar, auch wenn die Referenzwerkstatt beispielsweise 26 km entfernt ist (AG Düsseldorf Urteil, v. 14.03.2012 – 39 C 14728/11, OLG Hamm, Urteil vom 28.03.2017 – 26 U 72/16).

Kürzung der UPE-Aufschläge

Neben dem eigentlichen Preis der Ersatzteile werden im Sachverständigengutachten häufig sogenannte „Aufschläge auf die unverbindlichen Preisempfehlungen“ ausgewiesen. Diese Aufschläge sind dadurch begründet, dass Werkstätten viele Ersatzteile auf Lager halten, um eine zeitliche Reparaturverzögerung zu vermeiden. Um diesen Aufwand abzugelten, wird das Bereithalten der Ersatzteile in Form der UPE-Aufschläge im Gutachten in Rechnung gestellt.

Nach der herrschenden Meinung sind die UPE-Aufschläge erstattungsfähig, die nach den örtlichen Gepflogenheiten auch bei einer markengebundenen Werkstatt angefallen wären. Soweit entsprechende Kosten in die Kalkulation aufgenommen und in dem Gutachten ausgewiesen werden, handelt es sich lediglich um unselbstständige Rechnungspositionen im Rahmen der Reparaturkostenermittlung, deren Beurteilung durch den Sachverständigen nicht anders zu behandeln ist als seine hinsichtlich der Arbeitszeit oder des benötigten Materials erfolgte Einschätzung (OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.03.2012 – 1 U 108/11).

Verbringungskosten

Oft versuchen Versicherungen auch die sogenannten Verbringungskosten des Fahrzeugs zu kürzen. Diese entstehen, wenn die Fachwerkstatt über keine eigene Lackiererei verfügt und daher eine Verbringung zum Lackierer erforderlich ist.

Die Gerichte entschieden, dass die dafür anfallenden Kosten einen angemessenen und erforderlichen Aufwand zur Schadensbeseitigung darstellen und daher auch bei einer fiktiven Abrechnung zu ersetzen sind.

Jedoch machen die Gerichte auch hier die Ersatzfähigkeit (so wie bei den UPE-Aufschlägen) von der Ortsüblichkeit abhängig. Danach kommt es darauf an, ob der Geschädigte konkret vortragen kann, dass diese Kosten ortsüblich sind, also dass im Umkreis üblicherweise keine Lackiererei zur Werkstatt gehört (OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.03.2012 – 1 U 108/11, OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.6.2008 – 1 U 246/07). Verfügen Werkstätten in der Region aber üblicherweise über eine Lackiererei, dann hängt es nur von der Auswahl des Geschädigten ab, ob die von ihm ausgewählte Werkstatt diese Arbeiten selbst ausführen kann. Es handelt sich dann nicht um einen unmittelbaren Schaden an der Fahrzeugsubstanz, sondern um einen mittelbaren Begleitschaden, der erst bei der Reparatur in einer bestimmten Werkstatt tatsächlich anfallen kann (Kammergericht, Beschluss vom 27.6.2018 – 25 U 155/17).